Wir diskutieren nicht über die Notwendigkeit einer Sanierung des Schienennetzes – sie ist dringend erforderlich.
Wir hinterfragen auch nicht die Ursachen des maroden Netzzustands – sie sind bekannt.
Wir sprechen über die Folgen eines Konzepts, das über Jahre hinweg ganze Korridore für fünf oder mehr Monate stilllegt, ohne dass verlässliche Alternativen zur Verfügung stehen. Das trifft alle: Bahnen, Operateure, Terminals, Wagenhalter, Spediteure und Logistiker – und letztlich die Industrie in Deutschland und Europa.

Geplante Korridorsanierungen 2026 - 2032
Quelle: Lokomotion GmbH

Quelle: 4th High-Performance Network Meeting, 2.10.25
Der Kombinierte Verkehr erbringt heute enorme Leistungen für Wirtschaft und Umwelt – trotz wachsender Störungen, Engpässe und steigender Kosten. Doch ohne verlässliche Rahmenbedingungen und funktionierende Umleiter droht ein drastischer Kapazitätsverlust. Die Zahlen zeigen, was wir leisten, worunter wir heute leiden – und welche Risiken morgen entstehen.
im KV in Deutschland im Jahr 2024
am Schienengüterverkehr in Deutschland im Jahr 2024
bei Strecken von Ø 500 km pro Sendung im deutschen Netz
bei 0,8 Tonnen CO₂ pro Lkw-Ladung
Ankunft im Terminal mit < 1 h Verspätung
aus betrieblichen Gründen
gegenüber 2022
im alpenquerenden Verkehr im Jahr 2028
bei Korridorsperrungen ohne gleichwertige Umleiterstrecken
bei 30 % Volumenverlust durch den kumulierten Effekt von reduzierter Kapazität und steigenden Kosten
bei 25 % Rückverlagerung auf die Straße
Viele angebotene Trassen sind betrieblich oder wirtschaftlich nicht nutzbar – und damit keine echte Alternative. Die beiden Beispiele unten stehen exemplarisch für kritische Umleiterstrecken im Jahr 2026.
- Züge müssen kürzer, leichter oder niedriger fahren → weniger Kapazität.
- Lange Umwege → deutlich höhere Kosten.
- Dieseltraktion, Sprachwechsel oder andere Sicherungssysteme → oft nicht operativ umsetzbar.
Ein Umleiter, der nicht marktfähig ist, ist faktisch kein Umleiter.

Umleitungsmöglichkeiten München – Verona im Jahr 2028
- Grüne Verbindung:
München – Holzkirchen – Brenner – Verona
→ zwar nur 20 km länger, aber kürzere Züge mit 40 bis 50 % weniger Kapazität - Blaue Verbindung:
München – Passau – Tarvisio – Verona
→ Langer Umweg, der 500 bis 580 zusätzliche Kilometer bedeutet

Quelle: Lokomotion GmbH
100 Meter kürzere Züge und 25 % weniger Trassen klingen abstrakt – die Auswirkungen sind es nicht. Während einer sechsmonatigen Vollsperrung fehlen in unserem Beispiel die Kapazitäten für 100.000 Lkw-Ladungen.
Hinzu kommt: Weniger Ladungen verteilen sich auf nahezu gleiche Fixkosten. Damit steigen die Kosten rechnerisch um rund 14 % – ein weiterer Anreiz, Transporte auf die Straße zu verlagern.

Minderwertige Umleiter, steigende Kosten und sinkende Verlässlichkeit lösen einen Teufelskreis aus – mit langfristigen Folgen für die Schiene.
Bereits heute investieren Transportunternehmen vermehrt in zusätzliche Ressourcen für den Straßenverkehr – als notwendige Maßnahme, um weiterhin termingerecht liefern zu können. Damit setzt sich ein gefährlicher Mechanismus in Gang: Die Auslastung und damit die Wirtschaftlichkeit des KV-Angebots sinken, Zugfrequenzen müssen reduziert werden, die Attraktivität nimmt weiter ab – und im Extremfall wird eine Verbindung eingestellt.
Und was einmal auf die Straße verlagert wurde, kehrt oft nicht mehr zurück. Denn Kapazitäten sind gebunden, Verträge angepasst und Prozesse dauerhaft auf die Straße ausgerichtet.
